US Cremonese - AC Perugia 3:3 (1:1)

Serie B (2. Liga Italien)

28.10.17

 Stadio Giovani Zini (20.034 - aktuell reduziert)

Zuschauer: 6.159 (150 Gäste)

   Eintritt: 18€



Nach zwei fussballfreien Tagen und der zweiten Sammeleidenschaft, den UNESCO Welterben, war der Bock auf Calcio wieder groß.
Die Palette hielt einiges an Spielen parat, die Wahl fiel schlussendlich auf Cremona, da das San Siro für mich ein alter Hut ist. Außerdem damit ein Verein von dem ich im Vorfeld sehr wenig bis gar nichts wusste, was mich reizte.
Ein Post auf Instagram machte mich erst auf die aktuellen Kapazitätsprobleme aufmerksam, gehen hier doch normalerweise 20.000 Leute rein, sind es aktuell nur unter 10.000.
Beim Derby gegen Brescia am letzten Spieltag führte das zum Sold-Out, so dass ich mal bei Simone, dem Top-Groundhopper von Cremona und gleichzeitig Betreiber der Seite groundhopper.it nachhorchte.
Die Ticketfrage sollte laut ihm kein Problem darstellen und gleichzeitig folgte prompt die Einladung in die Ultra-Kneipe und die Curva-Sud. Somit war schonmal klar, dass ich das nächste Spiel wieder nicht allein verfolgen musste und es bestimmt einiges zu erfahren gibt, denn Simone hat mit Cremona über 800! Spiele gesehen. Und ich gehe stark davon aus, dass er nicht alle eingetragen hat, was das Ganze noch extremer werden lässt.
Vom letzten Reiseort Mantova ging es in gut 40 Minuten mit der Regio nach Cremona, wo ein Schließfach vergeblich gesucht wurde um den Rucksack zu verstauen. Neben Simone war ich auch mit Shaffi von der Würzburger Expertenrunde verabredet, der gestern ins Abenteuer Italien gestartet war.
Aufgrund meiner doch recht frühen Ankunftszeit ging es erstmal ins Zentrum, wo der Flohmarktmob bereits wütete. Für eine relativ kleine Stadt war hier mächtig Action und ich entschied mich dem Treiben beim Kaffee zuzuschauen.
Am Dom traf ich mich mit Shaffi, der eigentlich aus der Ukraine stammt und hier einiges erzählen kann, was den Fussball und das Land betrifft. Der Dom kann auch hier was, wenn man allerdings hier den gefühlt zehnten in den letzten Tagen gesehen hat, ist es irgendwann nicht mehr so spannend.
Michael (ja, der Kerl hat auch nen Vornamen 😉) gab mir Tipps beim Suchen eines geeigneten Taschenasyls und ich versuchte mein Glück zunächst in einer Apotheke, was aufgrund der grottigen Englischkenntnisse leider scheiterte. Nächster Anlaufpunkt war die Pizzeria "Nonsolopizza", welche in unmittelbarer Nähe des Stadions liegt. Kurz den Tipp befolgt und den Google Übersetzer angeworfen und schon hatte mein Rucksack ein neues Heim für die nächsten Stunden.
Der nette Pizzabäcker kredenzte zudem zwei Pizzen (Parma und Mantovano). Passend zu Halloween, gab es auf der zweitgenannten neben Salsiccia auch Kürbis als Belag. Nicht meine neue Lieblingspizza, aber kann man mal ausprobieren 😉
Ohne Balast ging es zur Tageskasse, welche mit 18€ für die Tribuna Laterale Verde (Tribüne am Rand der Curva Sud) faire Preise bereithielt. Ich entschied mich das Angebot in die Kurve zu gehen abzulehnen um einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben, außerdem ist es auch ein Zeichen des Respekts sich nicht als Touri reinzustellen.
Simone sammelte uns nun im Kassenbereich ein und bekam als "Gastgeschenk" einige VfL-Aufkleber, über die er sich sehr freute.
Wir gingen gemeinsam zur Stammkneipe der Ultras Cremona, welche sich hier vor jedem Match warmtrinken. Es gab ausschließlich freundliche Begrüßungen und reges Interesse an unserer Herkunft und den Vereinen/Szenen. Ein Bild der Pyroshow aus Meppen reichte aus um Osnabrück als gute Fanszene einzustufen und zahlreiche Fragen nach Freundschaften, Derbies usw. wurden gegenseitig beantwortet. Für unser Bier mussten wir natürlich nicht bezahlen, grazie mille an dieser Stelle für die Gastfreundschaft!
Eine knappe Stunde vor Spielbeginn setzte sich der aus vielen kleinen Gruppen bestehende Mob in Bewegung. Wie gesagt, viele kleine Gruppen, aber gemeinsam in der Kneipe und in der Kurve, können sich manche Brieftauben nochmal was abschauen...
Nach Verabschiedung von Simone & seinen Freunden versprach er uns noch eine rappelvolle Curva Sud mit 4.000 Tifosi, sowie etwa 200 Gäste.
Die Erfahrung gibt dem Mann recht, beides traf ziemlich genau so ein. Die Beflaggung der Heimseite gefiel mir nicht 100%tig, da eben die eine große Zaunfahne fehlte. Auch Schwenker und Doppelhalter waren im Vergleich zu anderen Kurven, die man dahinter kaum noch erkennen konnte, verhältnismäßig wenig. Ab und zu wurden Bengalen und Rauch gezündet, dazu eine brachiale Lautstärke. Es mag an dem Dach und der guten Akustik liegen, aber das war schon erste Sahne. Hier gibt es wirklich keine Querelen unter den Gruppen, man tritt als völlige Einheit auf und das macht einiges her.
Die Gäste aus Perugia nicht wirklich zahlreich, aber bemüht einen guten Auftritt abzuliefern zu Beginn mit einem Transparent "Lode a te Renato Curi" in Gedenken an den ehemaligen Spieler.
Renato Curri war bis 1977 für Perugia aktiv, ehe er am 30.10.1977 beim Spiel gegen Juve zusammenbrach und nicht mehr wiederbelebt werden konnte. Zu seinem Gedenken trägt das Stadion bis heute seinen Namen.
Auf dem Platz war das ein Spiel was den Namen "Kracher" mehr als verdient, 6 Tore, Elfmeter-Thriller zum 3:3, hier wurde alles geboten.
Hochzufrieden holte ich schnell meinen Rucksack ab und verabschiedete mich von Michael, ehe es mit 295 Sachen Richtung Torino ging.